Freitag, 27. Mai 2011

Burma: Der heimliche Killer wird erste Wahl



Burma: Der heimliche Killer wird erste Wahl


US M14 Antipersonenmine

Burmesische Kopie der M14


sven m jakal
jonas m lanter


Das Burmesische Regime setzt als letzte Regierung aktiv Landminen gegen die eigene Bevölkerung ein. Die Rebellen verzichten ebenfalls nicht auf diese billigen, in grosser Stückzahl herstellbaren Waffen. Zivilisten und Kinder sind die Hauptleidtragenden der Kriegstaktiken aller Parteien.

Ooetepew liegt mit einem zerfetzen Unterschenkel unter einem Berg alter Decken; stoischer Gesichtsausdruck in Erwatung der Amputation.
Es ist bereits mehr als eine Woche her, als er auf eine Landmine trat, seine Wunden eitern.In einem schmutzigen Krieg, zwischen Burmesischer Armee und Rebellen sowie Aufständischen, ist der heimliche Killer zur Waffe erster Wahl geworden.

So wundert es auch nicht, dass die Amerikanische M14 Landmine, welche seit 1974 beim US-Militär keine Verwendung mehr findet, als Nachbau im Jahre 2007 im Papun Distrikt in Burma, aufgetaucht ist. Die Myanmar Defence Industries (MID) unterhalten mehrere Minenfabriken, darunter eine in Ngyaung Chay Dauk, Bago Division. Von dort sollen die Burmesischen M14 Kopien stammen.
Weitere Modelle die im eigenen Land hergestellt werden sind Kopien Amerikanischer M18 Claymoreminen, die in Lizenz gebauten Chinesischen Typ 58 (in Burma bekannt als MM2) und die gefundenen M14 Kopien.
Ein ehemaliger US-Militär Angehöriger, welcher die nach gebauten M14 Minen untersuchen konnte meinte dann auch: "Es handelt sich um professionell hergestellte Kopien, allerdings entspricht die Qualität längst nicht der der Amerikanischen M14."

Burma ist das letzte Regime dieser Welt welches noch Minen legt. So belegen Studien des Internationalen Komitees zum Bann von Landminen (ICBL), dass ein zehntel der Burmesischen Bevölkerung lediglich ein paar Fusstritte von einer Gliederamputation oder Tod durch eine Mine, entfernt lebt.

Wie viele Minen Jährlich in Burma produziert werden, ist ausserhalb des Militärs nicht bekannt. Es dürften aber an die Tausenden sein. "Die Kampagne gegen Landminen ist sehr erfolgreich. Jedes Jahr wird in ehemaligen Konfliktgebieten Land gesäubert und Arsenale an Minen zerstört. Die Zahlen von Verletzen oder Toten gehen weltweit zurück. Dies ist jedoch in Burma nicht der Fall. In Burma bleiben die Zahlen der Verletzten und Getöteten weiter konstant hoch", sagt Yeshua Moser-Puangsuwan, Untersuchungskoordinator der ICBL. "Burma steht alleine da mit einem riesigen Problem und ist im Begriff nichts dagegen zu tun." Laut ICBL sind in zehn, der insgesamt 14 Burmesischen Staaten und Divisionen, Landminen ein vorherrschendes Problem. 17 verschiedene ethnische Gruppierungen haben zwischen 1999 und 2007 Minen eingesetzt. Einiger dieser Gruppen lehnen heute den Einsatz von Antipersonen Minen strikte ab.

Die Rechtfertigung der Regierung ist, dass Burma lange Grenzen und Probleme mit Drogenschmugglern hat. Yeshua Moser-Puangsuwan erklärt: "Krieg mit Minen ist in Burma eine akzeptierte Militärdoktrin. Auch kann man den Gebrauch von Landminen durch das Militär nicht als Infrastrukturschutz beschreiben, sondern als exzessiv eingesetzte Waffen. Oft werden Zivilisten ins Fadenkreuz genommen."
Laut Berichten mehrerer ethnischer Menschenrechtsgruppen sowie der internationalen Gruppe 'Human Rights Watch', werden Minen wiederholt in der Nähe von Dörfern, auf Reisfeldern sowie häufig begangenen Pfaden verlegt. Dies um zu verhindern, dass Dorfbewohner die Ernte einbringen können, oder um die Menschen an der Flucht aus Militär kontrollierten Gebieten zu hindern.

Fragt man Ootepew nach der Herkunft der Mine die ihm sein Bein zerrissen hat, antwortet er in bestimmtem Ton: "Es war die Junta, welche die Mine verlegt hat." Minenopfer in Burma geben oft der Regierung die Schuld. Die Realität scheint indes komplexer zu sein. Denn nicht nur die Regierung, sondern auch die Rebellen verwenden Landminen. Die Minen der Regierung sind so stark, dass sie meistens
tödlich wirken. Die Rebellen hingegen verwenden selbstgebaute, meist aus Bambusholz oder Glasflaschen bestehende Behälter, gefüllt mit Schiesspulver, Schrauben, Nägeln und Kugellagern. Diese Minen werden mit Batterien gezündet und bleiben wegen der hohen Luftfeuchtigkeit 'nur' sechs Monate nach Verlegen scharf. Die Detonation einer solchen Mine endet meistens nicht sofort tödlich. Die
Verletzungen von Ooetepew lassen auf eine von den Rebellen gelegte Mine schliessen. Burmesische Dorfbewohner geben meist der Regierung die Schuld an der humanitären Katastrophe, dabei spielen die Militärs und die regionalen Warlords, Roulette mit dem Leben der zivilen Bevölkerung.

Überlebende einer Explosion fürchten sich vor der Amputation ohne Narkose, welche meist im Urwald, in feuchten Bambushütten, mit rudimentärsten medizinischen Mitteln durchgeführt werden muss. Wenn selbstgebaute Landminen der Rebellen töten, dann ist es meist ein langsamer und schmerzvoller Tod, oft begleitet von Infektionen und Wundbrand. Nur wenige haben Glück wie Oetepew, werden von Freunden über die Grenze nach Thailand verbracht, wo ihnen professionell geholfen werden kann.

Minen sind billig; eine Chinesische Typ 58 Antipersonen Mine kostet zwischen einem oder zwei Dollar. Da ist es nicht verwunderlich, dass Rebellen, bei denen notorische Waffen- und Munitionsknappheit herrschen, auf solche billigen Waffen zurückgreifen um sich zu verteidigen. Die Rebellenarmeen verfügen über professionelle Minen wenn diese zuvor gewaltsam von Regierungstruppen erbeutet oder aus Minenfeldern geborgen wurden. Oft stammen die Minen auch von
korrupten Armeeangehörigen, welche diese verkaufen. Ansonsten operieren diese Gruppen meist mit den oben beschriebenen Selbstbauvarianten, welche aber nicht weniger effektiv, gar brutaler sind.

In Burma gibt es kein einziges humanitäres Programm, welches sich mit der Entminung von betroffenen Lokalitäten oder gar mit der Ausbildung von Minenräumern befasst. Manchmal kommt es vor, dass Soldaten der Rebellenarmeen, Dörfer, Felder und Wege per Hand von Minen säubern, nachdem feindliche Verbände durch marschiert sind.

Menschenrechtsgruppen haben einen wesentlich schnelleren und billigeren Weg zur Entminung dokumentiert, welchen die Burmesische Armee anwendet: Man lässt aus Dörfern zwangsrekrutierte Träger und Zivilisten als menschliche Minenschilder vor weg gehen. Die Burmesische Armee hofft auf diese Weise die Rebellen vom legen
neuer Minen abzuhalten.

Tragischerweise wird der Gebrauch von Minen in naher Zukunft weiter zu nehmen. Zwischen den Jahren 2009 bis heute liess sich ein signifikanter Anstieg von Minenopfer in Ostburma verzeichnen. Dies ist auf die andauernden Kämpfe zwischen Rebellen der 'Karen National Liberation Army' (KNLA) und der Regierung zurückzuführen.

Minen wurden zu einem integralen Bestandteil der Militärstrategie, wenn es darum geht, Gebiete von Zivilisten zu 'säubern', Nachschub der ethnischen Rebellen zu kappen oder Verbindungswege unpassierbar zu machen. Für das Burmesische Militär wie für die Rebellenorganisationen sind Minen nach wie vor der billigste und effizienteste Weg um sich selbst zu verteidigen. Die wirklichen Verlierer, wie immer im Krieg, ist die Zivilbevölkerung, vorab spielende Kinder.

ICBL 'Landmine and Cluster Munition Monitor Burma 2010'

Claymore und MM2-Minen aus Burmesischer Produktion


Rebellen werden im Bau von Minen unterrichtet



Querschnitt durch eine US-M14 Antipersonenmine, die heute
vom Burmesischen Militär nachgebaut werden


27. Mai 2011