Samstag, 15. Dezember 2007

Burma: Drogensucht wird 'gefördert'; Sanktionen fruchten nicht. Die Olympischen Spiele sollten boykottiert werden

Burma: Drogensucht wird durch die Junta toleriert und gefördert. Sanktionen fürchten die Generäle schon gar nicht. Die Olympischen Spiele in China sollen boykottiert werden. Menschenhandel als Einnahmequelle
Völlig geschafft. Nach dem Trip mit der 101st. Special Forces der KNLA

Jonas M. Lanter, Umphang; Burma

Wann zuletzt hat eine Regierung auf seine eigenen religiösen Würdenträger schießen lassen? Wohl zuletzt im Dritten Reich, sonst nirgends; ausser eben in Burma!

Mit den läppischen US$ 8'000.00 als Reparationszahlung oder eben als Wiedergutmachung der Generäle an die Klöster Burmas kann man als westlicher Beobachter nur den Kopf schütteln. Denn immer noch müssen sich die Mönche im ganzen Land verstecken, um nicht verhaftet zu werden. Einigen wenigen gelingt die Flucht nach Thailand.

Zwischen Gefängnis, Folter, Zwangsarbeit und der Freiheit liegen gerade mal 340 km. 340 Kilometer ins benachbarte Thailand, nach Mae Sot. Dorthin sind auch viele Verletzte verbracht worden. Tagelang wurden sie von ihren Kollegen durch den Dschungel vorbei an Militärposten geschleppt. Bis sie die Grenzgebiete der bewaffneten Karens (KNLA) und den Studenten der All Burma Student's Democratic Front (ABSDF) erreichen; dann sind sie in Sicherheit vor den Schergen.
Obwohl der Weg nur 340 Kilometer auf den Strassen Burmas misst, benötigt man ganze acht Stunden mit dem Bus. Auf Thailändischer Seite sind die Strassen bestens ausgebaut, in Burma sind es Schotterpisten.
Angriffe auf Geistliche hat es immer wieder gegeben – sei es in Polen oder in Russland. In San Salvador wurde Erzbischof Romero von bezahlten Killern der Regierung in seiner Kirche ermordet.

Im totalitären und von Spitzeln durchsetzten Burma haben Attacken auf die buddhistischen Mönche gewissermaßen Tradition. Steht die Macht auf dem Spiel, wird auf den Strassen geschossen. 1988 war dies so, als die Studenten die Demokratie wollten und die Geistlichen sich auf ihre Seite stellten. Schon 100 Jahre zuvor hatten sich die Geistlichen am Aufstand gegen die britischen Kolonialherren beteiligt und dafür bitter bezahlt. Dies hat Tradition in diesem einst reichsten Land Südostasiens; dem ehemals grössten Reisexporteur. Heute muss noch zusätzlich aus China und Indien importiert werden.
Der Schiessbefehl gegen die Mönche in Rangun zeigt, wie sehr sich das Militärregime in die Enge getrieben fühlt. Die Propaganda über die 'angeblich' aus dem Ausland gesteuerten 'Putschisten', vorab der 'BBC world', nimmt den Generälen niemand im Lande mehr ab. Die jungen Mönche kommen aus deren Mitte. Aus der Mitte des Volkes.
Für die Junta birgt die Niederschlagung der Straßenproteste einige Gefahren: Abgesehen davon, dass sich die älteren Herren mit den selbst verliehenen Orden an der Brust um ihr eigenes Seelenheil bringen und in der Öffentlichkeit künftig von einem großen Teil des buddhistischen Klerus boykottiert werden, haben sich die Generäle ihrer gesellschaftlichen Stellung selbst beraubt. In einem Land, das angeblich 87 Prozent Buddhisten zählt, kommt der Angriff auf die Mönche einer Exkommunikation gleich.
General Than Shwe und seine Handlanger erkaufen sich den Verbleib an der Macht mit beträchtlichem Imageverlust. Das Gesicht zu verlieren gilt in Asien als das Schlimmste, welches man sich vorstellen kann.
Gelingt ihnen die Unterdrückung der Demokratie-Revolte, bleibt die grosse Solidarisierung der Bevölkerung mit den Mönchen aus. Dann können sie es erneut versuchen, ihr Scheinprojekt einer Demokratisierung mit einer neuen Verfassung fortzusetzen: mit nun geschätzten über 10'000 politischen Häftlingen in den Gefängnissen (Anmerkung: Studenten, Mönche aber auch Beifall klatschende Schaulustige und deren Angehörige werden interniert. Sippenhaft ist ein Druckmittel der Junta). Laut Augenzeugen (s. Artikel "unterwegs im Feindesland" vom 5. Dezember 2007) wurden neben den über 30 bestehenden Gefängnisse über 20 neue geplant und einige wurden als Provisorium bereits in Stadien eingerichtet. Dies erinnert an Südamerika. In Chile oder der Dominikanischen Republik werden Fussball-Stadien als Gefängnisse 'missbraucht'. Daw Aung San Su Kyi, die den Großteil der letzten 20 Jahren unter Hausarrest verbracht hat, bringt den Generälen noch zusätzliche internationale Ächtung.

Ein gutes Omen für die Generäle ist dies bestimmt nicht.

Burmas Militär hat in den bisher vier Jahrzehnten seiner Herrschaft das südostasiatische Land heruntergewirtschaftet und sich selbst bereichert. Das Bruttosozialprodukt liegt total bei maximalen 200 US-Dollar pro Kopf, legt man den offiziellen Wechselkurs zugrunde. Dies sind gemessen an der realen Kaufkraft im Land etwa 2000 US-Dollars.

Eine Minderheit von 5 Prozent des Volkes erhält auf dem Schwarzmarkt zehn Mal mehr (10!) für einen US$ als der offizielle Wechselkurs auf einer Burmesischen Militär-Bank!

Inoffiziell ist immer noch der US-Dollar die Leitwährung des verarmten Landes; denn 95 Prozent der Bevölkerung lebt mit weniger als einem US$ pro Tag. Davon wiederum gelten 30 Prozent als völlig verarmt, ohne jegliche medizinische Hilfe. Eine Mahlzeit pro Tag gilt hier als Ausnahmen.

Inzwischen spritzen zwei Prozent (2%) des Volkes Heroin, weitere vier Prozent rauchen Opium. Amphetamine, die sogenannten YABA - Pillen, werden auch von den Burmesischen Lastwagenfahrern und Arbeitern eingenommen. Dies wird vom Staate toleriert, wenn nicht gezielt gefördert.
- Anmerkung: Drogenabhängige gelten als berechenbar und werden durch die Junta gezielt für deren schmutzige Geschäfte missbraucht.

Fünf (5 %) Prozent des Landes gilt als die herrschende Minderheit. Deren Einkommen lässt sich nicht nur an deren Einkommen ermessen. Sie erhalten auch Vergünstigungen wie frisches Fleisch oder eine Staatskarosse und ein schönes Haus zum Teil mit Swimming-pool. Auch erhalten sie einen Pass und können auf Reisen nach Singapur und anderen Staaten gehen.

Als die Tochter Than Shwe im vergangenen Jahr heiratete, hat sie Geschenke für angeblich sage und schreibe 52 Millionen Dollar 'eingenommen'.
Dies ist mehr als das Dreifache des jährlichen Budgets für die Gesundheitsvorsorge und Schulung des verarmten Landes.
Burmas Junta wird sich weiterhin an der Macht halten, da sie keine Skrupel kennt, ihre eigenen Bürger zu versklaven. Menschenhandel gilt als legitim im Lande der Golden-Pagoden.
Aber gerade auch darum, weil sie auf die Regierungen in den Nachbarländern, den ASEAN, setzen können. Eine Verurteilung Burmas gilt in Asien als nicht opportun. Man mischt sich nicht in Angelegenheiten anderer Staaten ein. Und welches Land der ASEAN wird nach demokratischen Regeln geführt? Keines. Auch Thailand hat sich momentan davor verabschiedet.

So funktioniert der Südostasiatischen Staatenbund Asean, der vor einigen Jahren zum Leide aller Burma als Mitglied aufgenommen hat.

So verhält sich selbst die Regierung im entfernten Japan: "Ich glaube nicht, dass es klug, sich blind den westlichen Ländern anzuschließen und auf Myanmar zu schlagen", erklärte der Japanische Regierungssprecher in Tokio. Zur derselben Stunde feuerten die Soldaten in Rangun auf einen ihrer Journalisten.

Burma ist ein durch und durch organisiertes Chaos, ein Durcheinander: Seine Generäle 'verhökern' das teure Teak-Holz des Landes nach China und lassen geschützte Tiere für die Küchen des Nachbarlandes abschlachten. Absprachen der Zentralregierung mit Milizen verschiedener Volksgruppen schaffen die Basis für den Opiumhandel und den Einsatz von Zwangsarbeitern. Ohne China und die Asean können Europa und die USA das Regime in Burma so viel sanktionieren, wie sie wollen - es wird sich nichts ändern. Solange China nicht unter internationalen Druck gerät und die Olympischen Spiele nicht boykottiert werden, wird sich in Burma nichts ändern. Die verschiedenen Ethnien werden ausgerottet und der Dschungel in Burma schwindet täglich.
Burma, Umphang Distrikt, den 15.Dezember 2007